Oder vom Luxus, sich Gutes zu tun.


Vor über 30 Jahren, ganz genau im 1987, habe ich mich als Farb- und Stilberaterin selbständig gemacht.

Als diplomierte Textilentwerferin war es naheliegend, in einen Beruf zu wechseln, der Mode, Schönheit und Styling in sich vereinigt.

Aber am wichtigsten war mir, mich nicht mit Zahnrädern oder Eisengeländern beschäftigen zu müssen: Es sollten Menschen sein. Denn meine Lieblingsbeschäftigung war und ist es immer noch, wildfremde Menschen kennenzulernen, sie zu erfassen, von Herzen zu verstehen – ohne sie zu be- oder verurteilen oder was auch immer -, damit sie sich möglichst schnell wohlfühlen und entspannen können.

Dass mir das gelingt, mag ein Talent sein, das mit Sozialkompetenz zu tun hat, ist aber auch das Resultat von Weiterbildungen, langjähriger Erfahrung und gesunder Selbstkritik. Auch führe ich jede Beratung mit der inneren Haltung durch, als wäre es meine erste und einzige.

Mich interessiert auch, was meine Kunden aus der halbtägigen Beratung in ihrem Alltag langfristig umsetzen und was sie nicht integrieren. Denn das zeigt mir die Schwachpunkte der Beratung auf, die ich permanent verbessere.

Zoe Bee, im Jahr 1987

Offen, alle Budgets zu beraten 


Soeben habe ich eine junge Frau beraten, die pro Jahr maximal CHF 500 ausgibt für alle Kleider, Mäntel, Schuhe, Unterwäsche und Sportklamotten. Das ist wirklich nicht viel, da sie nicht im nahen Ausland einkauft. Es ist naheliegend, dass die Beratung für diese junge Frau an einem anderen Punkt ansetzt als die einer Person, welche ein rappelvolles, eigenes Ankleidezimmer besitzt und Wert auf teure Marken und Exklusivität legt. Das zeigt aber auch, dass ich als Farb- und Stilberaterin keine bestimmten Konsumtypen, Figuren oder was auch immer bevorzugen darf. Auch die Sprache sollte wertfrei, neutral und ohne Pauschalurteile sein, damit sich niemand angegriffen oder verletzt fühlt.

Das ist übrigens gar nicht so einfach, mir jedenfalls rutschen immer mal wieder Wörter heraus wie „schön“, „gefällt mir bzw. gefällt mir nicht“, „falsch bzw. richtig“, „zu alt bzw,. zu mollig bzw. zu gross“. Deshalb bevorzuge ich, über die Wirkung oder die Aussage eines bestimmten Kleiderlooks, Lippenpiercings oder Haarschnitts zu sprechen.

1994: Schminkberatung 
im lebendigen Loeb-Schaufenster

Es ist mein Ziel, dass sich die Menschen nach der Beratung besser fühlen als zuvor.

Das klingt selbstverständlich, ist es aber nicht, denn es kommt doch regelmässig vor, dass wir enttäuscht sind von etwas, worauf wir uns gefreut hatten: beispielsweise den belanglosen Film, über den uns in den höchsten Tönen vorgeschwärmt wurde. Oder das Essen im Restaurant, bei dem einzig der Preis obenaus schwang.

Kommt hinzu, dass wir unterschiedlich reagieren, wenn wir etwas Neues erfahren. Die einen freuen sich auf das neue Abenteuer und die neuen Möglichkeiten, die sich offenbaren, und empfinden es als eine Bereicherung.

Die anderen aber bedauern die Käufe, bei denen sie sich geirrt haben, und es plagen sie – unbegründete – Schuldgefühle. Unbegründet deshalb, weil sie es ja nicht wissen konnten. Deshalb erachte ich es als Voraussetzung einer guten Beratung, dass die Menschen auch mit ihren Reaktionsmustern ernst genommen werden und dass diese weder ignoriert, belächelt noch verharmlost werden.

In den vergangenen über drei Jahrzehnten habe ich die Beratungen mit den Menschen immer lieber bekommen.

Früher, als Textilentwerferin, war es ganz anders.

Da sass oder stand ich an meinem Riesenpult, hörte Radio, um wenigstens etwas zu hören und war mit meinen Pinseln, Farben und Stoffmustern beschäftigt.

Die Pulte standen so weit auseinander, dass man sich mit den Kollegen überhaupt nicht unterhalten konnte. Ich fühlte mich oft leicht gelangweilt; der Austausch und das Fachsimpeln fehlten mir.

1992: Styling à gogo 

Den eigenen Typ entdecken und stärken


Was geschieht bei einer Farb- und Stilberatung? Nun, es handelt sich um das Erkennen des eigenen Typs. So, wie es verschiedene Blutgruppen gibt, unterscheiden wir auch in mehrere Körperstil- und sogar Farbtypen.

In dieser Beratung geht es also darum, seinen eigenen Typ zu erfahren. Das ist recht hilfreich, denn wenn man weiss, was zu einem passt, dann weiss man auch, was nicht passt.

Dadurch ist man beim Kleiderkauf sicherer und zielstrebiger, lässt sich nicht mehr Dinge aufschwatzen, kauft weniger und trotzdem besser ein und sieht erst noch jeden Tag gut aus. Man kann sie fast blindlings kombinieren und schafft es kaum mehr, dass die Teile nicht zusammenpassen.

Erstaunlich oder?! Das war vor der Beratung anders.

Da besass man bestenfalls gute Einzelteile, aber viele Kleidungsstücke konnten nicht wirklich kombiniert werden oder wurden kaum bis nie getragen.

Konkret sitzt der Kunde oder die Kundin beim natürlichen Tageslicht vor dem Spiegel und ich lege ihr unterschiedlich farbige Tüchger um.

Sie betrachtet sich im Spiegel und stellt selber fest, wie ihre Gesichtsfarbe nur durch das Auswechseln der Farbtücher in Sekundengeschwindigkeit von frisch auf fahl wechselt, das Hautbild glatter oder unebener wirkt, Augenschatten verschwinden oder deutlich hervortreten, und auch das Haar glänzend oder matt wirkt. Und das nur wegen der unterschiedlichen Farben!

Wenn das jemand an sich selbst erlebt, steht ihm die Überraschung deutlich ins Gesicht geschrieben! 

Aber die Farbberatung hat auch schwerwiegende Nachteile, das habe ich am eigenen Leib erfahren. Vor ein paar Jahren war ich „schwer“ krank. Eine Erkältung, leichter Husten oder so ähnlich.

Schliesslich ging ich zu meinem Hausarzt. Ich hoffte sehr, dass er mir ein Rezept verschreiben würde für ein paar Krankheitstage, aber nichts da.

Nach eingehender Untersuchung stellte er mit ernster Stimme fest: „Sie sehen überhaupt nicht krank aus; treten Sie doch einfach etwas kürzer und schlafen Sie mehr!“

Ich bin sicher, er hätte den Kugelschreiber gezückt, hätte ich damals einen khakifarbenen Pulli mit senfgelben Streifen übergestülpt.

Gut ist somit manchmal schlecht. Oder schlecht ist manchmal passender.









Farbberatung anno 1994 in meinem 
damaligen Atelier. Ich fand das 
damals der absolute Burner

Wie Stilberatung „gesund“ und schlank machen kann 


Bei der Kleiderstilberatung wird der Körpertyp eruiert, und es folgt die aufschlussreiche Figurberatung. Eine kurvige Griechin wandte das erworbene Wissen gleich am nächsten Arbeitstag an, und nachdem die dritte Person sie nach diskretem Scan gefragt hatte, ob sie abgenommen habe, rief sie mich verzückt an, um mir das zu erzählen. Sie hatte nämlich kein Gramm abgenommen, aber sich schlanker machend gekleidet.

Dieser „Fall“ bedeutete für mich aber kein „Fallen“ sondern einen rasanten Aufstieg. Denn diese Griechin war die Chefin der Leserinnenangebote der Zeitschrift „Annabelle“, und sie war gekommen, um mich zu testen, weil ich mich für einen Grossauftrag beworben hatte, sogenannte Garderobenkurse für die „Annabelle“-Leserinnen anzubieten.

Ich erhielt den Zuschlag und war dank der wundersam verschlankten Griechin – die nächsten sechs Jahre ausgebucht.


Zur Stilberatung gehören auch die Frisurberatung, die passende Brille, der Schmuck, und für Frauen als Abschluss die Schminkberatung, natürlich in den passenden Farben und vom Stil her passend zum Typ. Es spaziert somit nicht jede Frau mit einem knallroten Lippenstift aus unserem Haus.


Einmal habe ich eine nette Frau aus Effretikon beraten. Es war das erste Mal, dass sie sich schminkte, sogar an ihrer eigenen Hochzeit war sie ungeschminkt. Etwa eine halbe Stunde nach ihrer Abfahrt erhielt ich eine SMS: „Ich habe mich noch nie so schön gefühlt wie heute. Ich fühle mich so gut, dass ich anhalten musste, um mich ausgiebig zu bewundern und auf einem Selfie festzuhalten.“


Solche Rückmeldungen gehören zu meinem Beruf, und ich empfinde es als Privileg, eine Tätigkeit auszuüben, die alle Beteiligten lebensfroher macht.

1992: Ausschreibung in der 
Zeitschrift "Annabelle"


Beruf mit eidg. Fachausweis


Der Beruf der Farb- und Stilberatung kann mit einem eidgenössischen Fachausweis abgeschlossen werden.

Eine Farb- und Stilberatung bucht man nur einmal im Leben, weil der eigene Typ sich ebenso wenig verändert wie die Blutgruppe.

Die Kunden stammen zu gleichen Teilen aus meiner Seminartätigkeit, aus Kontakten über meine Website und von Weiterempfehlungen, was mich immer ganz besonders freut.

Mein Beruf begeistert mich auch nach dreissig Jahren noch wie zu Beginn.

Liebe Grüsse, Zoë Bee

 

1960: Ein Griffel in der Hand gibt mir ein 
gutes Gefühl, sei es zum Schreiben oder zum 
Zeichnen.
​Mit dem Farbenpass werden die 
Kleider/Farben getestet: Stimmen sie?!